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Freitag, 8. Juli 2011

Im Kopf bleib' ich süchtig bis ans Ende meiner Tage

Mir passierte es an einem Tag im Sommer letzten Jahres, dass ich mich über Nacht von einem 19-Jährigen, der sich selbst schon beinahe aufgegeben hatte, zu einem glücklichen Menschen wandelte. Ursache und Grund dafür ist die Frau, der ich vermutlich mein Leben verdanke, und auch jede glückliche Minute, die ich mit ihr verbringen darf. Der Anblick ihres Gesichts ist der Zünder für das Feuerwerk in meinem Kopf, das mich für den Rest meines Lebens glücklich machen wird.

In Folge dieser Erkenntnis, in vernünftiger Anbetracht aller Umstände und aufgrund der Kraft, die mir die völlig unbekannte Lebensfreude schenkte, habe ich vor sieben Monaten den blauen Rauch aufgegeben, der mich die letzten drei Jahre begleitet hatte. Die Gehirnmanipulation, die das Gift Nikotin auf meine wohlgeschätzten Windungen ausübte, war mir zuwider. Ebenso schätzte ich mich selbst dafür gering, überhaupt in diese Sucht hineingeraten zu sein, denn Abhängigkeit von einer Substanz entspricht nicht meinen Vorstellungen von einem freien Leben.

Vor über drei Jahren hatte ich mich an einem bestimmten Datum dazu entschieden, Raucher zu werden. Ich sage dies völlig unbeschämt, da ich weiß, dass ich damals zu einer anderen Entscheidung nicht fähig gewesen wäre, und ich mich auch der Tatsache nich schäme, nur zu dieser einen Entscheidung fähig gewesen zu sein. Diese furchtbare, dumme, lebensverändernde Wahl war ein komplexes Produkt enorm vieler Ursachen, die ich nicht beeinflussen konnte. Ebenso jedoch, wie ich mich zum Rauchen entschied, entschied ich mich an einem bestimmten Datum (auf den Tag genau 2 Jahre und 8 Monate später) zum Nichtrauchen. Auf diese Entscheidung bin ich ebensowenig stolz, wie ich mich für die Entscheidung zum Rauchen schäme, denn auch sie ist Produkt von Ursachen, die ich nicht beeinflussen konnte. Nun bin ich seit 7 Monaten rauchfrei, und ich kann auch darauf nicht stolz sein, denn ich weiß, dass selbst meine Willensstärke nicht meine eigene Leistung ist. Nun bin ich mir sicher, dass kaum jemand meine Gedankengänge nachvollziehen kann, und all jene, denen es so geht, mag ich auf den kausalen Determinismus verweisen, auf Spinoza, auf Einstein, auf jeden Philosophen, der in letzter Konsequenz verstanden hat, dass der Mensch nicht frei, dass der Mensch Produkt seiner Gene und seiner Umwelt ist, und auf all seine positiven Eigenschaften nicht stolz sein soll, sich all seiner negativen Eigenschaften nicht schämen muss. So sagte auch Arthur Schopenhauer: "Der Mensch kann zwar tun, was er will, aber nicht wollen, was er will."

Ebenso wenig kann ich. Ich kann zwar nicht rauchen, wenn ich nicht rauchen will (und ich weiß, dass ich auf diese Fähigkeit nicht stolz sein soll); aber dass ich tatsächlich eigentlich rauchen will, dass ich mich selbst jetzt noch, sieben Monate danach, oftmals nach einer Zigarette sehne, als hätte ich erst gestern aufgehört, das kann ich nicht abstellen (und ich weiß, dass ich mich ob dieses Fehlers nicht schämen muss). Ich fühle mich, als hätte mein Kopf nicht realisiert, dass ich seit sieben Monaten nicht mehr geraucht habe. Es ist, als würde ich die Sehnsucht nur unterdrücken, und da ich Meister im Unterdrücken von Emotionen und Wünschen bin, gelingt es mir, den Teufel nicht durchbrechen zu lassen. Doch leide ich darunter. Was ist, wenn sich dies niemals ändert? In den letzten fünf Monaten ist mein Zustand konstant und gleichgeblieben. Was ist, wenn ich mein Leben lang darunter leide, mir selbst das Rauchen verboten zu haben? Da sind zu viele Gründe, die gegen das Rauchen sprechen; und doch wiegt der Gedanke an ein ganzes Leben erfüllt mit dem täglichen, sehnsüchten Gedanken an eine Zigarette sie alle auf. Es ist dieser Gedanke, der mich dem Rauchen gegenüber stets ambivalent bleiben lässt. In schwachen Momenten würde ich sagen: Lieber sterbe ich zehn Jahre früher, abhängig von Nikotin, aber frei von leidvollem Schmachten, als dass ich zehn Jahre länger lebe, frei von Nikotin, aber mein Leben lang begleitet vom Gedanken an die Freuden, die ich mir einst verbat.

Kein Mensch, der nie nach einer Substanz süchtig war, kann dies je verstehen. Es ist mit nichts zu vergleichen. Seit ich das Rauchen aufgegeben habe, fehlen mir jeden Tag 20 Momente voller Glückseeligkeit. Es ist die manipulative Wirkung auf das Gehirn, die dieses Gift so reizvoll und erfolgreich macht. Die Wut, die Menschen in mir erzeugen, die an diesem Stoff profitieren, ist unbeschreiblich.

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